Wollten Sie nach so viel Fertigmodell wieder einmal ein
Balsamodell in Vollbauweise selbst bauen? Ein außergewöhnlicher
Allround-Nürflügel bietet sich dazu an!
Obigen Namen erhielt das Modell nach den Chinook-Indianern, die auch dem
föhnartigen Fallwind an der Ostseite der Rocky Mountains ihren Stammesnamen
gaben.
Der Schöpfer unseres Testmodells, der Tiroler und Nurflügelfan, Robert
Schweißgut,
stellt
dieses Modell in Einzelanfertigung nebenberuflich her. Er legt Wert auf die
Feststellung, dass jedes Modell ein Unikat darstellt und er jederzeit für
Anfragen und gute Ratschläge zur Verfügung steht.
Wie schon aus dem Einleitungssatz hervorgeht, hat man die Wahl zwischen
Hang-, Hochstart, oder Motor-Segler mit der Zwischenversion Leichtsegler (HLG).
Geliefert werden die gut bearbeiteten Holzteile in einem stabilen Karton.
Das Zusammenleimen der nummerierten Bauteile ist mit Hilfe der aufwändig
gestalteten Bauanleitung für jemand mit etwas Bauerfahrung wirklich kein
Problem. Es ist müßig, hier mit Baustundenangaben zu jonglieren. Der
Sorgfältige braucht eben um vieles länger als der Schluderer. Dennoch, trotz
Beschaffung von Fußbodenlack und Schaumstoffroller für Lackierung der
Holzteile, hat es der Tester in einer gemütlichen Woche inklusive Einfliegen
geschafft. Die angesprochene Lackiermethode ist nicht alltäglich, doch
durchaus nachahmenswert.
Für den Elektro-Antrieb rät der Tester für den empfohlenen Getriebeantrieb,
den 6 V Speed (Graupner 3321) zu verwenden. Mit diesem Antrieb und einem
8-zelligen 500er-Akku wog das Test-Modell 665 g. Rechnet man von der 0,325
m² Flügelfläche ein Drittel für die Stabiltätserfordernisse ab, ergibt sich
eine (tragende) Fläche von 0,2275 m² und daraus eine Flächenbelastung von
28,67 N/m². Mit ca 1 gerechnet ist vx bei 20° Cel.
Lufttemperatur wohl 6,9 m/s, eine Gleitfluggeschwindigkeit übrigens, für
genussvolles Hangfliegen.
Der eigenwillige Grundriss und die Bautechnik dieses "Fliegenden Brettes"
ergeben eine gewisse Ähnlichkeit mit der nach den Gebrüdern Horten (BRD)
benannten Glockenauftriebsverteilung. Eine dadurch entstehende, auffällige
Verwindung erlaubt es, im gesamten Flügelbereich eine Profilschar mit
relativ höheren ca-Werten einzusetzen.
Allerdings sollte dies unter Berücksichtung der kritischen Re-Zahl vor sich
gehen. Beim Wurzelprofil gibt es bei einer Profilhöhe mit 7% (von der
Tangente gemessen) dabei sicher keinerlei Problem. Das Endprofil mit
geringerer Mittellinienwölbung hingegen, weist 10% Oberseitenwölbung auf. Da
meint der "Profileur", wäre noch Handlungsbedarf.
Schon der erste Handstart bestätigte, dass die empfohlenen Einstellungen für
Schwerpunkt und Winkel der Querruder zunächst keine nennenswerte Korrektur
erforderten. Für exaktere Einstellung erfolgte sofort ein Hochstart. Die
Pfeilung der Nurflügel ist für diese Startart prädestiniert. Die
zurückliegenden Flügelenden haben eine starke, stabilisierende Wirkung, was
dem Nurflügler ganz allgemein im Hochstart gute Richtungsstabilität
beschert. Verschiedene Einstellungen wurden erprobt. Irritiert war der
Tester jedoch durch das eigenwillige, pumpartige Flugverhalten dieses
Modells.
Keine Probleme gab es auch beim anschließenden Kraftflug. Mit dem für oben
genannten Antrieb errechneten 3,0 m/s Steigen ist man zwar noch im Bereich
eines "Softys". Wer sich jedoch nach einem "Fetzer" sehnt, soll sich einen
kleinen Brushless mit Lipos zulegen, etwa 1:6 untersetzt, damit die
Luftschraube für vernünftigen Stromverbrauch nicht zu klein ausfällt. Dann
wird die Post richtig abgehen, denn der geringe Gesamtwiderstand dieses
Modells verlangt direkt danach!
Inzwischen wurde durch Entfernen des Elektro-Antriebteiles und Aufkleben des
Spinners am Kopfspant auf Leichtsegler-Version umgestellt. Mit einem 350
mAh-Empfängerakku ist das neue Fluggewicht nun 443g, die Flächenbelastung
mit obiger Fläche 19,10 N/m² und vx gleich 5,56 m/s. Für die
Hochstarts bewährte sich wieder einmal die für kleinere Modelle entwickelte
Hochstartvorrichtung von robbe mit dem flachen,
weißen
Bandgummi. Schon nach dem Ausklinken im ersten Versuch konnte sich das doch
recht schwanzlastig gebärdende Modell eine Weile inmitten einer sich gerade
in einer Thermikblase austobenden Mauerseglerfamilie halten. Dies trotz
eines die Eigengeschwindigkeit des Modells über-treffenden Westwindes. Nach
mehreren Hochstarts und steter Bleizugabe im Bereich der Rumpfspitze, wurde
schließlich eine gute Stabilisierung um die Querachse erreicht. Der
endgültige Schwerpunkt liegt beim Testmodell nun bei 95 mm, gemessen von der
vordersten Pfeilungsspitze (Rumpfmitte). An dem oben beschriebenen
Flugverhalten hatte sich auch jetzt nichts geändert. Endgültiges Gewicht der
Leichtseglerversion: 458 g.
Im Vorwort der Bauanleitung wird ausdrücklich und nachahmenswert nach
Verbesserungsvorschlägen gebeten. Hier einer, dem der Tester mit
nachfolgenden Zeilen und hoffentlich nutzbringend, gerne nachkommt. Mit oben
angesprochener Profilbetrachtung schien es ziemlich sicher, dass durch die
Strömungszustände am Außenflügel, die für die örtliche Profilschar
erforderlichen kritischen Re-Zahlen, sich im Bereich der Hysteresis
(Übergangsverhalten von unter- zu überkritischer Strömung) befanden.
(Pumpartiger Flug durch abreißen und anlegen der Strömung). Die kleinsten
kritischen Re-Zahlen findet man bekanntlich bei ebenen oder leicht gewölbten
Platten.
Um wieder einmal der Sache richtig auf den Grund zu gehen, befanden sich im
"Einfliegesackerl" auch ein Balsahobel und ein Schleifklotz. Beginnend bei
etwa 260 mm, wurde die Oberseite des Flügelendes, verlaufend zum Ende hin,
abgehobelt. So entstand innerhalb weniger Minuten, nach einer Hand voll
Balsalocken, als Endprofil eine recht flache
gewölbte
Platte mit etwa 5,8% Oberseitenwölbung, gemessen von der Profiltangente. Mit
wenigen Schleifstrichen sah man von dem "Eingriff" kaum noch etwas. Eine
kurze Nachrechnung hatte schon vorab ergeben, dass es nun mit Rekrit
keine Probleme mehr geben sollte. Da ein Großteil der Modellflieger so etwas
eher in den Bereich der Esoterik einordnet, sei nur kurz gesagt, dass der
Profileur nach dem Ausklinken des Probehochstarts der Meinung war, wieder
ein "Normalmodell" zu fliegen.
Ansonsten wurden nur Kleinigkeiten geändert oder ergänzt. Bild 2 zeigt die
geringfügig abweichende Form der Kabinenabdeckung und im Bild 3 sieht man
die auf jedem Querruderwurzelende angebrachte 9 mm hohe Vorrichtung einer
Hilfsschablone aus 2 mm Balsa - Größe des Dreiecks 9 x 50 mm - zum bequemen
Einstellen der korrekten Querruder-Neutralstellung. Hiezu noch die Angaben
über die Rudereinstellungen des Original-"Chinook":
Ruder-Neutralstellung: 8 mm nach oben. Höhe: 8 mm, Tiefe: 10 mm. Querruder
oben und unten: 12 mm.
Die ohne Zerlegbarkeit noch zumutbare Transport-Spannweite, seine
herausragende Festigkeit und die universelle Einsatzfähigkeit machen den "Chinook"
zum idealen Urlaubsflieger. Ein Hang, eine Wiese, oder gar nur ein Feldweg
genügen und schon kann der Spaß losgehen. Und was kostet dieser? Ohne
Antrieb € 59,-- plus € 8,-- für Porto und Verpackung.
Sollten Sie sich einen "Chinook" bestellen - E-Mail:
robert.schweissgut@aon.at
oder Telefon 05678/5792 - können Sie sicher sein, dass Bauanleitung und
Modell auf dem letzten Stand gebracht wurden und Sie ein Unikat in Händen
halten! |
Die bekannte Firma HEPF Modellbau stellte prop zu diesem
Zweck ein optimiertes Antriebsset bestehend aus, AXI 2212/26
Aussenläufermotor, Luftschraube Cam Carbon 11x6 und einem LIPOLY 2000H-3s
(bis 20A Dauerbelastung) zur Verfügung.
Der Einbau des Antriebes geht ohne große Schwierigkeiten vorsich. Der Akku
sitzt genau im Schwerpunkt unter der Flächenbefestigung. Aber Achtung, hier
muss unbedingt die Flächenbefestigungsschraube gekürzt werden, da sie sich
sonst in den teuren LIPOLY frisst und ihn unweigerlich zerstört. Alle
Einstellungen können beibehalten werden. Bereits der erste Probelauf im
Bastelkeller ließ erahnen, was da auf den Tester zukommt und dass der
Chinook mit dieser Antriebsvariante sicher kein Mailüfterl sein würde. Der
Erstflug wurde daher mit gemischten Gefühlen vorbereitet denn insgeheim war
nicht sicher ob da nicht einwenig zuviel Kraft am Werke sein würde. Also
wurde vorsichtig mit Halbgas gestartet und siehe da, der Chinook zeigte
einen schönen satten Steigflug und setzte die Kraft des Motors ordentlich
in
Höhe um. Eine Motorlaufzeit von ca. 10 Sekunden genügte bereits auf gute
Segelhöhe zu bringen. Auch die Gleitflugeigenschaften waren gut.
Der nächste Start erfolgte mit Vollgas. Hier erinnerte der Chinook an eine
Me 163 Comet! Nahezu senkrecht beschleunigte das Modell auf eine
atemberaubende Höhe innerhalb von vielleicht 4-5 Sekunden. Ausgedehnte
Segelflüge und unzählige Steigflüge sind mit dieser Auslegung möglich.
Jedenfalls hält eine Akkuladung bei diesem Modell länger als die Ausdauer
des Piloten.
Auch am nächsten Tag zeigten sich die LIPOLY´s noch lange nicht müde. Nun
wollten der Tester es genau wissen, und beschleunigte den Chinook auch im
Horizontalflug. Volles Rohr! Nach etwa 100 Metern erreichte das Modell seine
Festigkeitsgrenze. Die Tragläche verabschiedete sich mit lautem Knall und
der Rumpf mit einer Tragflächenhälfte segelte gemütlich in langsamen
Spiralen dem Erdboden zu, während der andere Teil der Tragfläche auf Reisen
ging.
Glücklicherweise wurden alle Teile gefunden und mit etwas
Sekundenklebereinsatz konnte der Chinoock noch am selben Tagwieder geflogen
werden. Natürlich wurde der Chinook an der Tragflächenwurzel oben und unten
mit dünnem Glasgewebe und Epoxi verstärkt. Jetzt hält er auch rasante
Vorbeiflüge und Abwärtsloopings ohne mit den 'Ohren zu zucken' aus.
Fazit: Mit dieser noch erschwinglichen High Tech Antriebsvariante ist der
Chinook ein echter Renner, der sowohl im Segelflug als auch im rasanten
Motorflug überzeugt. Es ist ganz einfach toll, was mit diesem Modell möglich
ist. Wie sagten doch die Indianer (frei nach Karl May) Uff, Uff !!! |